Sonderparteitag zum Wahlprogramm

Vergangenen Samstag, den 18.01.2025, fand der Sonderparteitag in Berlin statt. Unser Genosse Sander Frank aus dem Kreisverband Bodenseekreis war als Delegierter für die Region Süd-Württemberg des Landesverbandes Baden-Württemberg dabei. 

 

„Liebe Genossinnen und Genossen: Wir sind zurück!“ Mit diesen Worten eröffnete Bundesgeschäftsführer Janis Ehling den Sonderparteitag der Linken in Berlin. Die Stimmung in der Veranstaltungshalle „Station“ am Gleisdreieck war spürbar von Aufbruch geprägt. Auch das gestiegene Interesse der Medien zeigte: Die Linke sorgt wieder für Aufmerksamkeit und Hoffnung auf eine gerechtere Politik. Tausende neue Mitglieder unterstreichen diese Entwicklung. Der Berliner Landesvorsitzende Max Schirmer wies humorvoll darauf hin: „Das Meckern über Berlin ist ausschließlich den Berlinern vorbehalten.“ Doch Gründe für Protest gibt es genug, angesichts des brutalen Sparkurs des schwarz-roten Senats: „Mir persönlich blutet das Herz, wenn ich sehe, was mit dieser Stadt gemacht wird“, so Max Schirmer. „Berlin wird wie so viele Städte und Kommunen einfach kaputtgespart.“

Die Parteivorsitzenden Ines Schwerdtner und Jan van Aken nutzten ihre Reden, um die politische Konkurrenz scharf zu kritisieren. Schwerdtner warnte vor Friedrich Merz' „Agenda 2030“, die den Sozialstaat massiv abbauen wolle: „Friedrich Merz will den Sozialstaat mit seiner Agenda 2030 kurz und klein schlagen“, so Ines Schwerdtner. „Dieser Wahlkampf steht im Zeichen des Angriffs auf unsere Rechte. Wehren wir ihn ab! Sie wollen den Kündigungsschutz, das Streikrecht und unsere Rechte als Mieterinnen und Mieter schwächen. Diese Rechte hat unsere Klasse errungen – und wir werden sie uns nicht nehmen lassen.“

Jan van Aken fokussierte auf soziale Ungleichheit und forderte eine gerechte Verteilung von Reichtum: „Wie gesagt, ich finde immer noch, es sollte keine Milliardäre geben. Ihren Reichtum, den haben viele so hart arbeitende Menschen geschaffen. Den müssen wir uns zurückholen, damit wir alle wieder gut leben können. Für bessere Schulen, damit der Nahverkehr wieder funktioniert, damit man nicht mehr monatelang auf einen Arzttermin warten muss. Geld ist genug da - es ist nur falsch verteilt.“

In der Aussprache zum Leitantrag meldeten sich zahlreiche bekannte Parteimitglieder zu Wort. Bodo Ramelow, Direktkandidat für Erfurt und Weimar, sprach über die sozialen Missstände im Land: „Was ist das für eine beschissene Gesellschaft, in der Menschen Angst haben müssen, alt zu werden und die Pflege nicht zahlen zu können, oder Angst haben müssen, Kinder zu bekommen?“, so der ehemalige Ministerpräsident von Thüringen. „Alle Menschen verdienen ein sicheres Zuhause. Der Mietendeckel ist die Antwort darauf, dass gerade Millionen Menschen Angst haben, aus ihrer Wohnung geworfen zu werden oder die nächste Nebenkostenabrechnung zu bekommen. Es ist unsere Aufgabe, diese Angst zu überwinden.“

Mit Blick auf die Bundestagswahl freute sich Ramelow auf die Zusammenarbeit mit den erfahrenen Abgeordneten Dietmar Bartsch und Gregor Gysi: „Ich möchte einmal erleben, dass Gregor Gysi als Alterspräsident unbegrenzte Redezeit im Bundestag hat.“ Sören Hellmann, Vorsitzender der Linken im Bundestag und Direktkandidat im Leipziger Süden, betonte die Entschlossenheit und Einigkeit, mit der die Partei in den kommenden Wahlkampf zieht: „Es braucht eine starke Linke. Für eine Stoßrichtung von links unten nach rechts - und nach oben. Venceremos!“ Auch Cansu Özedemir, Spitzenkandidatin bei der Bürgerschaftswahl in Hamburg, erinnerte an die internationalistische Verantwortung der Partei: „Als Frau aus einer kurdischen Familie, die in der kurdischen Bewegung aufgewachsen ist, ist für mich völlig klar: Wir stehen an der Seite der Widerstand leistenden Menschen in Rojava. Jin, Jiyan, Azadî!“

Mit stehenden Ovationen wurde Gregor Gysi, Direktkandidat für Treptow-Köpenick, von den Delegierten empfangen. Er hob die Bedeutung der Linken für die politische Vielfalt hervor: „Wenn es die Linken im Bundestag nicht mehr gibt, dann gibt es dort keine linken Argumente mehr. Wir haben dann dort nur noch eine Diskussion zwischen Mitte und rechts außen. Das ist zu wenig.“ „Unsere Partei wurde schon mehrfach totgesagt,“ so Gregor Gysi. „Das hat nie funktioniert. Die Linke ist nicht kaputtzumachen. 2021 sind wir mit 3 Direktmandaten eingezogen. Das werden wir auch dieses Jahr wieder schaffen.“

Nach einer intensiven und konstruktiven Antragsdebatte beschlossen die Delegierten das Programm zur Bundestagswahl 2025 bei wenigen Gegenstimmen und Enthaltungen. Anschließend ergriffen nochmals die Spitzenkandidierenden das Wort. „Wir sind die Steuersenkungspartei für die Mehrheit. Weg mit der Mehrwertsteuer! Stattdessen her mit der Kohle von den pervers Reichen, die gar nicht wissen, wohin mit dem Geld“, stellte Heidi Reichinnek klar. „Ohne uns würden die da oben freidrehen,“ betonte Jan van Aken. Aber nach diesem Parteitag ist klar: Die Linke wird den Reichen und Mächtigen auch weiterhin auf die Nerven gehen – im Bundestag, am Streikposten und auf der Straße.